Bavarian Flats – ein Fliegenfischererlebnis der besonderen Art

Die frühe Märzsonne sorgte für ein wohliges Gefühl und mit geschlossenen Augen genoss ich die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres. Die Wärme durchströmte den ganzen Körper und die Menschen ringsum saugten die Frühjahrsonne und die wohlige Wärme gierig auf. Man hörte ein Lachen, Musik und roch gutes Essen. Ich öffnete meine Augen und befand mich mitten auf einer urigen Alm in einem bayerisch-österreichischen Skigebiet. Nach drei Stunden intensivem Skivergnügen wurden die Pisten nun so voll, dass es Zeit war für eine Brotzeit und die finale Abfahrt. Die Frühlingssonne, guter Schnee, beste Stimmung und die Erwartung auf ein besonderes Erlebnis am Nachmittag ließen das Weißbier, die Brezn und die Weißwurst besonders gut schmecken.

Die Stärkung vor dem Fischen am Förchensee
Die Stärkung vor dem Fischen am Förchensee
Von den Skischuhen direkt in die Watschuhe
Von den Skischuhen direkt in die Watschuhe
Blume und Fliegenrolle am Förchensee
Blume und Fliegenrolle am Förchensee

Der Förchensee liegt genau auf dem Weg vom Skigebiet nach Traunstein. So eine Chance lässt sich ein Fliegenfischer nach dem Winter natürlich nicht entgehen. Zudem kam hinzu, dass festzustellen war, wie die Fischerei am Förchensee nach dem recht milden Winter sein würde. So war das Auto nicht nur mit der Skiausrüstung beladen, sondern die Fliegenfischerausrüstung war auch mit im Kofferraum dabei. Noch auf dem Parkplatz der Gondelstation wurde direkt von den Skischuhen in die Wathose mit Watschuhen gewechselt. Nach kurzer Fahrt fiel mein Blick auf den Förchensee neben der Straße. Der Wasserstand war für die Jahreszeit extrem niedrig und die Sonne stand genau im Süden des Tals und tauchte das alpine Salmonidengewässer in unglaublich schöne Farben – das Wasser funkelte von türkis über grün bis hin zu schönstem blau.

Umherziehende Forellen am Förchensee / Bayern
Umherziehende Forellen am Förchensee / Bayern

Schnell war die Skibrille durch die Polarisationsbrille ausgetauscht und ich stand in meiner Wathose am Auslauf des Sees. Dort konnte man am anderen Ufer unter den Bäumen noch Regenbogenforellen bei der letzten Vollendung des Laichgeschäftes beobachten. Die Freude über die laichenden Flossenträger war natürlich groß. Toll, dass es so etwas noch gibt!
Um die Forellen nicht weiter zu stören, ließ ich den Auslaufbereich des Sees links liegen und ging den Weg am Westen des Gewässers entlang. Durch die niedrigen Wasserstand konnte man die Forellen und Saiblinge hervorragend „spotten“ und anwerfen. Mit der 4-er Rute, einer Trockenschnur und einem langen Vorfach war ich bestens ausgerüstet. Selbst auf der Seite des Weges konnte man bei diesem Wasserstand einige Meter in den See gehen und die sich nähernden Fische zielgenau anwerfen. Meine Fliegenwahl fiel auf Nymphen der Größen 12 bis 16. Normalerweise kann man im Frühjahr immer größere Nymphmuster fischen, doch hier hat der Förchensee seine eigenen Regeln. Durch das extrem klare Wasser bevorzugen die Fische eher unscheinbare und kleinere Muster. Oft konnte ich beobachten, dass sich die Fische schnell den Nymphen näherten, aber im letzten Moment genau an der Fliege stehen blieben und letztendlich nicht nahmen. Meine Erfahrung war, dass langsam sinkende Nymphen deutlich besser funktionierten als zu schnell sinkende Nymphen. Die schnell sinkenden Nymphen fielen viel zu schnell von der Oberfläche zum Grund und lagen dann unentdeckt im Grundbewuchs. Langsam sinkende Nymphen weckten das Interesse der Fische. Die Forellen kamen teilweise aus einer Entfernung von 2 bis 3 Metern an die Nymphe heran und inspizierten diese kritisch.

Förchensee - Blick Richtung Norden
Förchensee – Blick Richtung Norden

Auf dem Weg zum südlichen Ende des Sees gab es viele Erlebnisse mit den zu der Nymphe heraneilenden Fischen. Oft wurde der Wurf mit einem Biss belohnt. Am besten funktionierte es, wenn man sich Gruppen von 3 bis 5 Fischen suchte und die Fliege in die Nähe dieser Gruppe platzierte. Offensichtlich war es so, dass der Futterneid dann so groß war, dass einer der Fische zupackte. Einzelne Fische hingegen nahmen sich alle Zeit der Welt, um sich die Nymphe genauestens anzusehen und verweigerten in letzter Sekunde den Biss.

Diese Art der Sichtfischerei war hochspannend und anspruchsvoll zu gleich. Zweifelsohne ist es ein Auf und Ab der Emotionen und es tut dem Fliegenfischerherz zum Saisonstart unheimlich gut!
Am südlichen Ende des Sees musste ich kurz einen etwas sumpfigen Bereich durchqueren, um zur Ostseite des See zu gelangen. Hier war etwas Vorsicht geboten, da hier gerade im Frühjahr Felsbrocken von der darüber liegenden Felswand herunterrollen können.

Auf dieser Seite des Sees wartete dann aber ein echtes Highlight! Durch den diesjährigen extrem niedrigen Wasserstand war es möglich auf fast der gesamten Ostseite des Sees (mit 3-4 Ausnahmen durch querliegende Bäume) im Wasser watend große Flachwasserbereiche zu befischen. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, aber sofort kamen Erinnerungen an die Flatfischerei auf Bonefish in Mexico oder Kuba hoch. Der Sonnenstand war perfekt und die ausgedehnten Flachwasserbereiche konnten bestens beobachtet, vorsichtig bewatet und befischt werden. Der helle Grund machte es relativ leicht die Fische auszumachen und anzuwerfen. Oft zogen gleich mehrere Fische auf die „Bavarian Flats“ und ließen sich sehr gut mit der Nymphe „ansprechen“. Auch hier galt: wenn es mehrere umherziehende Fische waren, dann war die Chance auf einen Biss besonders hoch.

Innerlich konnte ich mein Glück über diese fantastische Frühjahrssichtfischerei kaum glauben. Morgens noch auf der Skipiste und mittags beim Befischen echter „Bavarian Flats“.
Herz…was willst Du mehr!! Willkommen im Herzen Bayerns!

Ausgedehnte Flachwasserbereiche - perfekt für die Fliegenrute
Ausgedehnte Flachwasserbereiche – perfekt für die Fliegenrute

Auf dem Rückweg zum Auto passierte ich auf dem etwas höher gelegenen Weg wieder den Auslauf des Sees. Hier konnte ich noch die eine oder andere Bachforelle und Saiblinge unter den Bäumen sehen. Aufgrund der laichenden Regenbogenforellen beobachtete ich das Geschehen und ließ diesen Gewässerabschnitt völlig unangetastet. Diese Fließstrecke (Auslauf) der Seetraun wird wie alljährlich erst mit dem Ende der Schonzeit der Regenbogenforellen am 16. April eröffnet.
Wenn auch Sie eine schöne Frühjahrsfischerei auf Bachforellen und Saiblinge erleben möchte, dann empfehlen wir Ihnen eine rechtzeitige Reservierung unter +49 (0) 8662 7070.

Dieser Saibling wurde im Flachwasser überlistet
Dieser Saibling wurde im Flachwasser überlistet
Wunscherschönes Schuppenkleid des Saiblings
Wunscherschönes Schuppenkleid des Saiblings
Laichende Forellen im Auslauf des Sees
Laichende Regenbogenforellen im Auslauf des Sees
Diese stattliche Bachforelle sucht Schutz im Unterholz
Diese stattliche Bachforelle sucht Schutz im Unterholz

 

Text & Fotos: Ralf Raacke

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